Geza Steinert, 23 Jahre alt aus Berlin

Stand: Juli 2014

Hallo, 
 

Ich war für dreieinhalb Monate in Kamerun in einem der Waisenhäuser von Source D'Espoir, genauer im Waisenhaus Nanga-Ebokos.

 

Aber was hat mich überhaupt bewegt diese Reise anzutreten? Die Motivationen waren vielseitig und wie ich finde nachvollziehbar: endlich einmal eine soziale Betätigung zu leisten, ein neues Land zu entdecken und auch einfach mal Europa zu verlassen, den Horizont zu erweitern, die 'erste Welt' verlassen und natürlich auch das (Schul-)Französisch von einem Stottern zu einem Sprechen zu erheben.

 

Zu Anfang muss man sagen, dass ich immer überall sehr herzlich aufgenommen wurde. Kamerun ist ein sehr sicheres und gastfreundliches Land und selbst in Nanga-Eboko, wo man deutlich merkt, dass man der einzige mit weißer Haut in einem riesen Umkreis ist, wird man zum Großteil sehr freundlich empfangen.

 

Die Aufgaben vorort waren rund um die Kinder im Waisenhaus gestellt. Vom Aufpassen und Lesen und Schreiben beibringen bis zum Windeln wechseln und Wasser holen war alles dabei.

 

Aber was hat mir der Aufenthalt letztendlich gebracht? Die Motivationen und Ziele wurden alle erfüllt und die Erwartungen noch übertroffen. Man lernt die wichtigen Dinge im Leben zu schätzen und am allermeisten die Unwichtigen.

 

Auch den Luxus vom Nötigen zu unterscheiden ist eine Fähigkeit die erst mühsam erlernt werden muss, genau wie das Schätzen dieser Dinge. Erst wenn man etwas vergleichbares erlebt hat, wie ein Land, wo das fehlt, was in Europa oder Deutschland so selbstverständlich erscheint, entsteht ein Gefühl dafür, dass es auf der Welt noch etwas anderes gibt, als die Bahnen und die Probleme des eigenen Alltags.

 

Und es entsteht eine Dankbarkeit. Ein Besuch vorort gibt einem sehr viel an Erfahrungen und Einblicken, von welchen man unmittelbar und langfristig immer wieder von zehren kann.

 

Mein Aufenthalt hat sich für mich, durch die gewonnenen Erfahrungen, durch die dazugewonnene Selbstständigkeit, das verbessern meiner Französischkenntnisse und eben für die besagte Erweiterung des Horizontes mehr als gelohnt und ich kann jedem Interessenten empfehlen einmal in seinem Leben Ähnliches zu machen. Je früher, desto besser.
 

 

MfG, Geza Steinert

Stand: Juni 2014

Deshalb bringen Dieudonné und ich der blinden Frau einmal die Woche Essen und holen bei der Gelegenheit auch gleich Wasser für sie. Aber das nur als weiterer Punkt meiner Tätigkeiten vorort.

 

Zum Schluss noch zwei Dinge, welche mich bald erwarten werden: 1.) Es hat sich hier so eingeschlichen, dass jeder Volountaire einmal für alle etwas kochen muss. Am besten etwas typisch deutsches. Kartoffelpuffer mit Zucker gabs bereits von Josephine (meiner ehemaligen Klassenkameradin und meiner Vorgängerin hier im Waisenhaus vor zwei Jahren). 

 

Deswegen gibt es von mir denke ich Eier-/Pfannekuchen zubereitet. Oder fällt jemandem von euch etwas ein, was vieleicht noch einfacher anzufertigen und eindeutig deutsch ist? Ich bin für jegliche Vorschläge offen.

 

Das wars soweit, diesmal gibts auch wieder ein paar Foddos!
Alles gute wünsch ich! Geza

 

 

Stand: Mai 2014

Bonjour bonjour,

 

Wie versprochen gibts diesmal kleine Geschichten aus meinem Nanga-Eboko-Alltag. Wir springen mal gleich hinein.

 

1. Geschichte: Heute: habe gerade ein paar Mangos aufgelesen und in meinem kleinen Eimerchen gesammelt um später einen riesigen Haufen reinem Mangofleisches anzuhäufen und ihm zu fröhnen, als ich Kinderstimmen vernehme: "le blanc, le blanc!" Ich sehe mich um und winke die Blagen die mich so nannten, heran. Zwei an der Zahl. Ich frage sie ob sie jeweils eine Mango wollen. Sie nicken eifrig und strecken ihre Griffel aus.

 

Aber so einfach ist das nicht. Nicht mit mir. Ihr Blagen. Ich setzte eine böse Miene auf und machte ihnen klar, dass ich keine Lust habe 'der Weiße' genannt zu werden und wenn sie weiterhin ne Mango wollen, sollen sie mich nie wieder so nennen, schließlich heiße ich Geza, nicht 'le blanc'. Danach kam wieder die freundliche Miene drauf, fragte "D'accord?", und gab ihnen die Mangos. Noch ne kurze Beleidigung auf Deutsch hinterher und sie zogen mit leichter Verwirrung im Gesicht von dannen.

Man, bin ich gut! Ich kann einfach mit Kindern... Das mit dem auf Deutsch beleidigen habe ich mir so angewöhnt. Das macht es irgendwie leichter für mich wenn mich wieder irgendein Kind nervt und schadet niemandem (bilde ich mir ein), da sie es ja sowieso nicht verstehen und ich dabei immer freundlich lächele. Hehehe

 

2. Geschichte: irgendein Samstag: Ich lese gerade das alte Testament und wollte euch ein wenig daran teilhaben lassen. Ich kam dazu, da es irgendwie keine Rolle spielt, was für eine Bibel man besitzt, die Hauptsache ist, man hat eine Bibel, wenn man in die Kirche geht. Samstags ist Sabbat für die Adventisten, deswegen gehts Samstags immer in die Kirche mit eben einer Bibel in der Hand. Ich habe eine englische Bibel.

 

Eine Messe dauert hier im Schnitt zwei bis vier Stunden (was extrem anstrengend ist für alle Beteiligten, nicht zuletzt durch die brütende Hitze). Ich muss natürlich immer mit. Da ich sowieso kaum ein Wort verstehe, was der Pastor auf Französisch oder sein Dolmetscher auf der lokalen afrikanischen Sprache so von sich gibt, habe ich damit begonnen das alte Testament zu lesen. Also: Drei interessante Fakten, welche ich so auf den ersten 12 Seiten las (Klappe, das ist sehr klein Geschrieben alles!) und welche ich erwähnenswert fand:

 

1. Nachdem der Rabe es vergeigt hat, sandte Noa eine Taube aus, während er auf seiner Arche die Springflut, welche die Erde überschwemmte und reinigte, ausharrte. Er schickte sie los um zu wissen ob mittlerweile wieder Land irgendwo aufgtaucht ist. Zwei Tage am Stück kam sie ohne Land gesichtet zu haben wieder. Am dritten Tag jedoch trug sie einen Olivenzweig im Schnabel und gab so zu erkennen, dass die Flut vorrüber sei und endlich Friede herrsche. Oder so ähnlich. Jaujau, endlich habe ich kapiert woher die Taube kommt und so. Ich war so glücklich in der Kirche, dass ich gleich vorort entschied, dit mit in die nächste Mail mit aufzunehmen.

 

3. Fakt: Nachdem Adam aus dem Paradies geflogen ist, hat er erst mit 60 Jahren Kain und Abel gezeugt. Relativ jung wenn man bedenkt, dass er NEUNHUNDERTDREIßIG JAHRE alt wurde!!! Von Eva ist an dieser Stelle der Bibel schon lange nicht mehr die Rede, aber da Frauen bekanntlich älter werden als Männer, denke ich sie wurde locker 1000 Jahre alt.

 

 

3. Geschichte: regelmäßig abends: Mein Zimmer ist ein Sammelpunkt mehrerer Tierspezies'. Ich habe neulich zugleich zwei Gekkos, eine Schabe, eine Spinne (etwa Handgröße, und ja, auch giftig), eine Maus und eine naja, es war keine Ratte, es war irgendwie einfach nur ne zu groß geratene Maus. 

 

In Rattengröße. Die Spinne wurde mit einem Besen aus dem Fenster geworfen, die Maus und die große Maus wurden im Laufe der Woche mit vergiftetem Reis getötet (was nicht meine Entscheidung war, aber vermutlich besser ist), die Gekkos durften bleiben, Gekkos sind cool und sehr fleißig in der Gefläuchsvernichtung. 

 

Naja und die Schabe..habe herausgefunden, dass Schaben fliegen können, weiterer Minuspunkt, habe aber auch ein wenig meinen Ekel vor ihnen verloren und gelernt, dass man die unglaublich gut treten kann. So habe ich die eine Schabe von der Wand geschnipst und aus meinem Zimmer getreten. Da merkt man einen richtigen Rückstoß. Haha, diese Schaben. Wenigstens hatte ich noch keine Schlange unterm Bette. 

 

Noch kurz zu meinem Alltag hier. Morgens (8 Uhr), Mittags (13 Uhr), Abends (18 Uhr) bereitet mir eine Freundin der Hausmama des Waisenhauses etwas zu essen vor, welches ich von ihrem Haus immer zu Fuß abholen gehe (5 Minuten). 

Vorm Frühstück hole ich meistens Wasser während die Kinder den Abwasch machen. Danach gehts für die Kinder in die Schule und für die anderen alle auch (Insgesamt sind es 6 Erwachsene, dessen Leben sich zusätzlich zu den Kindern ums oder im Waisenhaus abspielt, alle etwa mein Alter, außer die Hausmama Julie(42)). Julie geht arbeiten und ich passe auf Grace auf,das Kleinkind.

 

Wenn die Kleine schläft habe ich etwas Zeit für mich. Gegen 13 Uhr kommt Julie vom Job wieder und die zwei jüngsten Kinder (also außer Grace) aus der Schule und ich gehe mein Mittagessen holen. Nach dem Essen heißt es wieder Aufmerksamkeit durch 3 Teilen,  was natürlich nicht ununterbrochen möglich ist. Gegen 14 Uhr mache ich ne kurze Siesta und um 15 Uhr kommen dann die 2 älteren Kinder wieder und dann muss die Aufmerksamkeit durch fünf geteilt werden. 

 

Das ist natürlich nur der Alltag und berücksichtigt nicht die vielen schönen Dinge zwischendurch (wie den kürzlichen zweitägigen Stromausfall etc.) Aber ich bin ja nicht zum Spaß hier, sondern zum Lernen einer Sprache. In diesem Sinne:

 

Ciao

Stand: April 2014

Also: Dienstag den 1.4. bin ich abends in den Flieger gestiegen und gegen 23 uhr in meinem Zwischenstoppland (der Türkei, genauer Istanbul) gelandet um dort dann einen ganzen Tag zu verbringen bis der Anschlussflieger nach Yaounde startete. Habe mir vorort eine Flughafenbank geklärt um das Geld für ein Hostel zu sparen und bin am nächsten Morgen (oder eher Mittag) in die Innenstadt Istanbuls gegangen und habe mich ein wenig umgeschaut.

 

Nichts gegen Türken, aber reisen per U-Bahn ist grausam. Das Prinzip des "erst-aussteigen-lassen-dann-einsteigen" haben die zu keinem Prozent begriffen. Egal. Wut runtergeschluckt, blaue Moschee bestaunt, Park bestaunt, Meer bestaunt, zwei Postkarten gekauft, beschrieben und anschließend vergessen sie einzuwerfen...sind jetzt mitgekommen und ich weiß nicht was ich hier mit denen anstellen soll.. in den Flieger gesetzt und nach Yaounde geflogen.

 

In Yaounde lief soweit eigentlich alles ganz rund. Da stehen auf diesem winzigen Flughafen (noch kleiner als Tegel) dann ein paar Leute und kontrollieren ob du Einheimischer oder gegen Gelbfieber geimpft bist. Sehr lustig. Trés drole. Von drole kommt glaube ich auch das deutsche Wort 'drollig'. Jetzt wisst ihr es. Und werdet es nie wieder vergessen. Ausgezeichnet.

 

Das Waisenhaus versorgt bis zu 60 Kinder, von denen aber nur fünf dauerhafte Bewohner sind.
Drei Mädchen, zwei Jungs im Alter von 0(!!) bis 12 Jahren.

 

Insgesamt ist das Leben hier ist losgelöst aller Schnörkel. Gut, letztendlich kann sich das alles schon denken und wenn man möchte alles was ich gerade erzähle in irgendwelchen Reiseberichten nachlesen, in welchen irgendein Europäer in ein touristisch wenig erschlossenes, nicht industrialisiertes Land reiste. Aber ich geb euch trotzdem eine kleinen Einblick.

 

Man merkt hauptsächlich die ganze Zeit, dass man die meisten Dinge einfach nicht braucht und das es eigentlich richtig ist, wie sie hier gehandhabt werden. Baden - braucht man nicht, duschen - Eimer mit Schüssel reicht, Fleisch - sollte nur zu speziellen Anlässen gegessen werden, da es zu teuer (sein sollte) ist naja und so weiter.

 

Zum Thema Essen: ich esse hier deutlich mehr als zu Hause. Auch für die Portionen, welche ich hier schon immer wie wild in mich hineinprügle, werde ich noch belächelt. Macht aber nichts, schmeckt gut. Zum Geld. Die Einstellung gegenüber Geld, so mein Gefühl, ist auch eine ganz Andere. Es hat natürlich einen hohen Stellenwert, weil Geld und so, aber es ist nicht so in den Köpfen verankert, wenn ihr versteht was ich meine.
Zum Thema Essen: ich esse hier deutlich mehr als zu Hause. Auch für die Portionen, welche ich hier schon immer wie wild in mich hineinprügle, werde ich noch belächelt. Macht aber nichts, schmeckt gut. Zum Geld. Die Einstellung gegenüber Geld, so mein Gefühl, ist auch eine ganz Andere. Es hat natürlich einen hohen Stellenwert, weil Geld und so, aber es ist nicht so in den Köpfen verankert, wenn ihr versteht was ich meine.
Es bestimmt viel weniger über das Denken als in Schlaaaaaaand und anderen Ländern. Wenn man einkäuft, merkt man, dass vieles hier sehr teuer ist. Sardinen sind zum Beispiel genauso teuer wie in Deutschland, obwohl 1 Euro etwa 500 CFA entspricht heißt das noch lange nicht, dass hier etwas viel günstiger zu holen ist.
Der Trick besteht einfach darin, dass man ganz viele Nullen auf die Geldscheine klatscht und die Sardinen dann einfach 500 CFA kosten. Fertig aus. Das was wirklich deutlich günstiger ist, sind die Dienstleistungen. Arztbehandlung hat umgerechnet einen Euro gekostet.
Zum Wetter. Man boah ey ist das heiß ey. Wie können die hier nur so viel essen wenns immer so heiß ist? Trinken? Non, je n'ai pas soif. Icke aber. Ich trink wie ein Kamel. Und das is auch gut so. 
A pros pos. Thema Tiere. Streunende Hunde und Katzen kennt man ja und sind hier jetzt auch nicht so auffällig. Aber Echsen in allen erdenklichen Farben. Agamen, Eidechsen (kommt der Name eigentlich von Eidotter-Echse?), Gekkos, alles da. Ich habe einen Leguan gesehen, der hatte nen schwarzen Schwanz, einen gelben Bauch und nen roten Kopf. Wenn man den am Schwanz aufhängen würde, könnte der als Deutschlandmaskottchen dienlich sein. Trés drôle, trés drôle. Ach und mein Grott haben die vielleicht Motten hier. Sowas hat man noch nicht gesehen. Alter Falter (höhö).
Den Kamerunesen ist eigentlich ausschließlich gutes Nachzusagen. Zumindest, was ich bisher so in Erfahrung bringen konnte. Sie sind sehr zuvorkommend in allem und auf offener Straße grüßt man sich mit einem dezenten 'Bonjour' wenn man sich einmal in die Augen geschaut hat. Außerdem sind sie sehr zurückhaltend (Nun gut, ich bin der absolut einzige Weiße hier, natürlich schaut man da einmal hin und bleibt mit den Augen hängen, aber jetzt wo ich das dritte mal auf dem Markt war, kennt man mich und sieht mich an wie jeden anderen auch). Das Kinderhauen ist ein Problem für mich, aber das ist ja logisch und beschränkt sich nicht auf Kamerun sondern eher auf ganz Afrika und viele viele andere Länder, weswegen ich das mal an dieser Stelle ausblende.
Ich bin wählerisch beim Fernsehsender im Gegensatz zu den anderen. Eine Sendung, welche hier läuft ist eine Südamerikanische Seifenoper, welche augenscheinlich absichtlich schlecht nachvertont wurde. Sie ist so schlimm, dass ich jedes Mal den Raum verlasse wenn sie läuft. 
So das wars erstmal.

Vielen Dank fürs bis zum Schluss lesen.